Die Säge schärfen – Warum Strategie das beste Werkzeug ist ist
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Wie Sie Ihre Kanzlei strategisch für die Zukunft aufstellen
Die tägliche Arbeit wächst Steuerkanzleien zunehmend über den Kopf: akuter Fachkräftemangel, steigende Mandantenansprüche, digitale Anforderungen. Umso wichtiger ist es, nicht nur im Tagesgeschäft zu verharren – sondern gezielt die strategische Entwicklung der Kanzlei anzugehen. Ein Plädoyer für Reflexion, Zukunftsfähigkeit und gezielte Maßnahmen, die Fachkräfte binden und neue Talente anziehen.
Zwischen Fristen und Fachkräftemangel: Warum innehalten so wichtig ist
„Ich habe keine Zeit, die Säge zu schärfen – ich muss sägen!“ Was wie ein Sprichwort klingt, ist für viele Kanzleien Realität: Der Alltag ist geprägt von Zeitdruck, Mandantenarbeit und ständiger Erreichbarkeit. Doch wer keine Zeit investiert, um sich weiterzuentwickeln, riskiert auf Dauer, ineffizient zu arbeiten – und im Wettbewerb um Fachkräfte zurückzufallen.
Deshalb ist strategische Kanzleientwicklung kein Luxus, sondern ein entscheidender Erfolgsfaktor – gerade in Zeiten des Wandels. Denn sie erlaubt es Ihnen, gezielt Ressourcen zu steuern, Ihre Position am Markt zu schärfen und ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen.
Der erste Schritt: Vision entwickeln und Standort bestimmen
Am Anfang jeder Entwicklung steht die Frage:
Was soll Ihre Kanzlei in Zukunft leisten? Für wen? Und mit welchem Team?
Diese Vision ist die Grundlage für jede Veränderung. Sie schafft Orientierung – nicht nur für die Kanzleileitung, sondern für das gesamte Team. Typische Leitfragen können sein:
Wen wollen wir in fünf Jahren betreuen – und wie?
Welche Arbeitsweise wünschen wir uns in der Kanzlei?
Welche Werte sollen unser Miteinander prägen?
Wichtig ist dabei, nicht nur intuitiv zu handeln, sondern systematisch: Eine Standortbestimmung mit bewährten Methoden – zum Beispiel einer SWOT-Analyse – hilft, die eigene Ausgangssituation realistisch einzuschätzen: Wo liegen die Stärken der Kanzlei? Wo gibt es Entwicklungspotenzial?
Digitalisierung gezielt gestalten – statt nur Tools einzuführen
Digitalisierung ist kein Selbstzweck – sondern soll Prozesse vereinfachen, Fehler reduzieren und Ressourcen freimachen. Doch viele Kanzleien haben zwar digitale Werkzeuge im Einsatz, nutzen aber deren Potenziale nicht voll aus.
Beispiele für sinnvolle Digitalisierungsschritte:
Wiederkehrende Aufgaben automatisieren, z. B. bei Belegverarbeitung oder Zahlungsverkehr
Standardisierte Prozesse identifizieren und klar dokumentieren
Kollaboration mit Mandant:innen vereinfachen, z. B. durch gemeinsame Cloud-Ordner oder sichere Kommunikationstools
Digitale Checklisten oder Dashboards nutzen, um Fortschritte messbar zu machen
Der Schlüssel zum Erfolg ist die Integration ins Team: Digitalisierung gelingt nur, wenn Mitarbeitende eingebunden werden. Workshops oder „Zukunftstage“ helfen, gemeinsam Potenziale zu erkennen, Prioritäten zu setzen und Maßnahmen umzusetzen – mit hoher Akzeptanz.
Mitarbeitende als Mitgestalter – nicht nur als Mitläufer
Fachkräfte suchen heute mehr als nur ein Gehalt: Sie wollen sich entwickeln, ihre Stärken einbringen, Sinn erleben. Wer seine Mitarbeitenden in strategische Prozesse einbindet, fördert nicht nur Motivation, sondern auch Kanzleibindung.
Erfolgsfaktoren moderner Kanzleikultur:
Transparente Kommunikation: Ziele, Erwartungen und Entwicklungsmöglichkeiten offen besprechen
Verantwortung übergeben: Mitarbeitende aktiv an Entscheidungen beteiligen
Entwicklung ermöglichen: Fachspezifische Weiterbildungen oder gezielte Soft-Skill-Schulungen anbieten
Leistung anerkennen und sichtbar machen, z. B. durch Boni, Feedbackformate oder Mandantenerfolge
Auch das Thema Vergütung kann motivierend wirken, wenn es modern und leistungsbezogen gedacht wird. Die Möglichkeiten der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) können dabei helfen, individuelle Leistungen sichtbar zu machen und fair zu honorieren.
Netzwerke schaffen: Gemeinsam stark statt allein am Limit
Nicht jede Kanzlei muss alles alleine stemmen. Gerade in kleineren Einheiten kann der Aufbau von Kooperationen oder Netzwerken ein echter Gewinn sein. Sei es zur gemeinsamen Bearbeitung komplexer Mandate, für administrative Themen wie Personal oder IT, oder für regelmäßigen Austausch zu Strategie und Führung.
Beispiele:
Interne Kanzlei-Netzwerke, etwa durch lose Kooperationen mit Partnerkanzleien
Regionale oder überregionale Arbeitsgruppen, die Wissen bündeln und neue Perspektiven bieten
Fachlicher Austausch unter Kolleg:innen, etwa zu Führung, Digitalisierung oder Ausbildung
Der Vorteil: Know-how wird geteilt, Aufwand verteilt – und das eigene Team profitiert von neuen Impulsen und fachlicher Entlastung.
Fazit: Wer strategisch denkt, sichert Zukunft und Fachkräftebindung
Sich Zeit zu nehmen, die Säge zu schärfen, heißt: innehalten, reflektieren, klug planen. Gerade Kanzleien, die sich gezielt mit ihrer strategischen Ausrichtung beschäftigen, setzen ein starkes Zeichen – für ihre Mitarbeitenden, ihre Mandant:innen und ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit.
Denn wer digital aufgestellt, organisatorisch effizient und menschlich attraktiv ist, wird im Wettbewerb um Fachkräfte nicht nur mithalten – sondern überzeugen.
Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Die Säge schärfen“ erschienen im DATEV magazin 05/24