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Erfolgreich Fachkräfte finden: Interview aus der Praxis 

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Stephanie Kröning betreibt ihre Kanzlei in Magdeburg. Sie ist zudem als Dozentin tätig, unter anderem für die Steuerberaterkammer bei der Ausbildung der Steuerfachangestellten und Steuerfachwirte. Außerdem unterrichtet sie an einer Steuerfachschule angehende Steuerberater. In der Kanzlei sind – neben Stephanie Kröning – noch zwei Vollzeitkräfte und ein Auszubildender tätig. 

Im Gespräch mit Stephanie Kröning:

Wie nehmen Sie das Thema Fachkräftemangel in der Steuerberatungsbranche  wahr?

Stephanie Kröning: Ich muss ehrlich zugeben, dass ich mit meiner Kanzlei bisher immer Glück hatte. Die Bewerbungen kamen – teilweise sogar initiativ. Allerdings bin ich auch gut vernetzt mit vielen Kollegen, die – wie ich auch sehr aktiv in der Kammer und dem Verband sind. Und natürlich tauscht man sich dabei auch zum Thema Mitarbeiter aus.

Hier sehe ich tatsächlich einen Kampf um Fachkräfte. Da werden teilweise Headhunter engagiert, kostenpflichtige Anzeigen geschaltet – und trotzdem passiert nichts. Der Fachkräftemangel ist definitiv da.

Das liegt auch daran, dass die Industrie sehr aktiv ist und als Arbeitgeber sehr attraktive Bedingungen bieten kann. Ein Unternehmen mit 50, 100 oder sogar 500 Mitarbeitern hat andere Möglichkeiten – gerade auch was die Bezahlung angeht – Steuerfachleute anzuwerben. Mit diesen Ressourcen können insbesondere kleine Steuerberatungskanzleien gar nicht mithalten. Ich sehe eine extreme Abwanderung in die Industrie. Das finde ich schade und es bereitet mir auch Sorge.

Außerdem haben wir das Problem, dass das Fach bei jungen Menschen nicht allzu beliebt ist.

Wie können Berufe in der Steuerberatung bei jüngeren Menschen wieder beliebter werden? Wie ist Ihre Wahrnehmung?

Ich sehe bereits an den Schulen einen großen Handlungsbedarf. Immer wieder erlebe ich Diskussionen mit jungen Menschen, die diesen Beruf überhaupt nicht anvisieren. Da wird die Ansicht vertreten „das Steuerrecht ist zu trocken“. Wir haben einfach ein sehr verstaubtes Image. Das liegt natürlich auch an mangelnder Digitalisierung und vielem mehr.

Aber es gibt auch immer wieder die Meinung, dass das Thema Steuern in die Schule gehört. Momentan findet das kaum oder gar nicht statt. Und deshalb ist das Thema Steuern generell so unzugänglich und wirkt beängstigend.

Hieraus ergeben sich also aus zweierlei Gründen Abschreckungsszenarien: Einerseits wirkt der Beruf zu trocken, andererseits versteht der Laie überhaupt nicht, was es mit der eigenen Steuererklärung auf sich hat. Das Thema muss deshalb meiner Ansicht nach in die Schulen. Das Berufsbild muss aber auch von der Steuerberaterkammer vorangebracht und schmackhafter gemacht werden. Die Steuerberaterkammer unserer Region ist eben aus diesem Grunde auf vielen Berufsfindungs-Events präsent und steht für Fragen zur Verfügung. Dies halte ich für sehr wichtig und wertvoll.

Sie sind auch selbst als Dozentin tätig und bilden junge Menschen im Steuerfachgebiet aus…

Richtig. Das ist mir auch wichtig, um unseren Berufsstand etwas aufzufrischen. Wir haben ein großes Nachwuchsproblem. Unser Beruf muss wieder mehr zum Leben erweckt und junge Menschen dafür begeistert werden.

Was können Kanzleien tun?

Kanzleien können durch Engagement in der Steuerberaterkammer viel erwirken. Zudem können sich mehr Kanzleien dazu bereiterklären, junge Menschen auszubilden. Aber gerade auch auf Veranstaltungen, wie beispielsweise Berufsausbildungsmessen, gibt es die Möglichkeit, dass Kanzleien sowohl sich als auch den Berufsstand präsentieren. So wird auch die Branche insgesamt sichtbarer.

Womit versuchen Sie mit Ihrer Kanzlei zu punkten?

Ich verweigere mich gegenüber diesem „nicht-authentischen Präsentieren“, was ich sehr häufig bei Social Media lese. Da gibt es manchmal Anzeigen, bei denen jeder versucht den anderen zu übertrumpfen. Es ist ein richtiger Wettbewerb. Es werden teilweise sehr große Versprechungen gemacht – bis hin zum berühmten Obstkorb.

Das lehne ich ab. Diese Vorgehensweise passt nicht zu mir. Ich versuche Präsenz zu zeigen, auf verschiedene Veranstaltungen zu gehen, in der Online-Welt viel zu informieren – gerade auch fachlich. Und ich gebe auch Einblicke in mein Leben. Aber immer unter der Bedingung, authentisch zu bleiben. 

Wie kann man sich das vorstellen?

Laufen ist ein Hobby von mir. Wir hatten vor Kurzem eine Firmenstaffel. Das heißt, wir Steuerberater sind in einem Staffellauf als Team angetreten. Dort wurde ich von einer jungen Frau angesprochen, die mich und die Kanzlei gerne kennenlernen wollte. Ich habe auch einen Instagram-Account zu meinem Hobby, dem Laufen. Und manchmal verlinke ich diese Accounts gegenseitig. So wurde sie auf mich aufmerksam. Ich denke, dieses „echte“ Auftreten im Internet, das ist entscheidend. Man sollte sich nicht verstellen. Und keine Versprechungen machen, die man nicht halten kann.

Welche Rolle spielen Arbeitsbedingungen, wie die Atmosphäre in der Kanzlei?

Eine große Rolle. Wir haben in unserer Branche das große Problem des speziellen Berufsklimas. In vielen Kanzleien ist das Klima unter den Kollegen erhitzt, weil immer mit Fristen gearbeitet wird. Wir stehen immer unter Druck, immer unter Stress.

Es kann zu einem Problem werden, wenn Mitarbeiter die unterschiedlichen Arbeitsweisen nicht verstehen. Ein Mitarbeiter beginnt beispielsweise bereits um 8 Uhr, der andere erst um 9 Uhr. Der Mitarbeiter, der früh beginnt, nimmt gar nicht wahr, dass der andere Mitarbeiter abends auch viel länger bleibt. Und schon kann ein hitziger Konflikt entstehen.

Hier ist es wichtig, dass Kanzlei-Inhaber auch auf das Team einwirken und klarstellen:

„Wir sind Menschen. Wir arbeiten zusammen und verfolgen ein gemeinsames Ziel – als Teamplayer.“ Und diese Einstellung muss sich auch in der Präsenz nach Außen wiederfinden. Das hat auf Dauer wesentlich mehr Erfolg und eine bessere Außenwirkung als ein Obstkorb. Ein großer Bestandteil unseres Lebens besteht aus Arbeit. Die Arbeitsatmosphäre ist deshalb ein entscheidender Faktor.

Und Themen, wie Digitalisierung und Flexibilität?

Ich konzentriere mich sehr auf den Nachwuchs. Deshalb versuche ich auch mit der Mode zu gehen und habe bei der Kanzleigründung gesagt „Ich möchte von 100 % Digitalisierung ausgehen.“ Um es salopp zu beschreiben: Wenn heute meine Kanzlei abbrennt, sollen morgen dennoch alle arbeiten können. Das geht nur, wenn wir unseren ganzen Datenbestand nicht in Ordnern in Schränken aufbewahren, sondern digital.

Mit dieser Voraussetzung kann man dann aber auch flexiblere Arbeitsbedingungen liefern. Die Digitalisierung ist eine Grundvoraussetzung für Flexibilität. Meine Mitarbeiterin pendelt drei Mal die Woche zur Arbeit. Doch an zwei Tagen kann sie Homeoffice machen – dank digitaler Prozesse. Ich finde es sehr schön, dass meine Mitarbeiterin von sich aus sagt, dass sie gerne an drei Tagen die Woche ins Büro vor Ort kommen mag. Für unser Team ist dieser Austausch vor Ort sehr wertvoll. Doch Flexibilität zu gewähren ist heute von großer Bedeutung.

Zusammenfassend würde ich sagen: Flexibilität, Digitalisierung und ein gutes Miteinander sind die wesentlichen Arbeitsbedingungen, um Mitarbeiter zu finden und zu halten.

Mit Ihrer Kanzlei sind Sie auf Social Media aktiv, beispielsweise Facebook, Instagram, Xing oder auch X (vormals Twitter). Was hat Sie dazu bewegt? Und welche Rolle spielt Social Media für Sie bei der Suche nach neuen Mitarbeitern?

Ehrlich gesagt war am Anfang die Einrichtung meiner Social Media Accounts für meine Mandanten gedacht. Ich habe versucht, auf diese Weise Reichweite zu erzielen und sichtbar zu werden. Es kam jedoch der Punkt, dass ich genügend Mandanten hatte und sogar keine weiteren Mandanten mehr aufnehmen konnte.

Dann habe ich überlegt: Was kann ich mit Social Media noch machen? Schließlich habe ich mir damit ja bereits viel Arbeit gemacht. Und wie komme ich an Mitarbeiter? Social Media hierbei als Marketinginstrument zu nutzen, fand ich interessant. Denn wo halten sich denn viele Menschen auf, wenn sie am Smartphone sind? Auf Social Media!

Deshalb war es mir wichtig, weiterhin präsent zu bleiben. Ich bin aber noch lange nicht perfekt, was Social Media angeht, und besuche auch nun demnächst ein viertägiges Webinar – mit Interaktion und Hausaufgaben – um meinen Internetauftritt noch zu verbessern. Das ist ein lebenslanges Leben.

Meine Tochter macht mich immer wieder auf neue Dinge aufmerksam. Sie sagt dann „Mama, du musst das auch auf TikTok machen“. Mein erster Impuls ist dann „Oh Hilfe, bloß nicht“. Aber dann muss ich aber auch eingestehen, dass wir darauf angewiesen sind, mit der Zeit zu gehen. Man kann und sollte sich den neuen Entwicklungen nicht komplett verweigern.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Social Media gemacht?

Ich habe definitiv mehr Reichweite über Social Media. Auch bei der Suche nach dem Auszubildenen hatte ich – dank dieser Möglichkeit – keine Probleme, Bewerber zu finden.

Und: Es gibt so viele Querverbindungen. Man vernetzt sich durch die Social Media Präsenz auch mit anderen Kanzleien und Kollegen. Hier findet ja auch noch einmal ein Austausch über Best Practices statt. Wie gelingt die Mitarbeitersuche? Wie kann man Mitarbeiter halten? Welche Herausforderungen gibt es?

Das Thema Mitarbeiter ist bei allen Berufskollegen von großer Bedeutung.

Bewerber können sich auf Ihrer Webseite mithilfe eines Online-Bewerbungsformulars bewerben. Erhalten Sie überhaupt noch Bewerbungsunterlagen in Papierform?

Die traditionelle Bewerbungsmappe hat sich komplett erledigt. Manchmal bekommt man von Headhuntern einen Papierumschlag, bei dem man dann zunächst denkt, es handele sich um eine Bewerbung – und dann ist darin lediglich die Werbebroschüre enthalten. Echte Bewerber gehen, meiner Erfahrung nach, nur noch den digitalen Weg.

Erhalten Sie noch traditionelle Bewerbungsunterlagen (mit Lebenslauf etc.) oder Kurzbewerbungen?

Es gibt auch Kanzleien oder Headhunter, die damit werben „kein Lebenslauf notwendig, kein Anschreiben“. Aber ich gehe hier noch zugegeben einen konservativen Weg. Ich erhalte lieber alle Unterlagen – und das finde ich gut so.

Natürlich würde ich gerne alle Bewerber kennenlernen. Aber leider haben wir auch im Alltag wenig Zeit. Und manchmal sieht man anhand der Bewerbungsunterlagen bereits „das wird für unser Steuerfach leider nicht passen“. Deshalb finde ich es unglaublich wichtig, hier auf Basis von Vorab-Unterlagen auch entsprechend auszuwählen.

Ich verstehe, dass es mittlerweile ein Arbeitnehmermarkt ist. Deshalb müssen sich Arbeitnehmer nicht mehr viel Mühe machen, einen Beruf aufzunehmen. Aber für mich bleibt es noch wichtig, die Unterlagen zu erhalten. Ich finde dieses Minimalistische erschreckend. Ein Bewerbungsprozess ist doch keine Kleinigkeit. Es geht um wichtige Entscheidungen für beide Seiten. Am Ende geht man auch ein Vertrag miteinander ein. Das ist keine Lappalie. Da benötigt man auch ein Vertrauensverhältnis.

Das Interview führte Diplom-Finanzwirtin (FH) Sylvia Meier, Freiburg.